Sonntag, 25. März 2012

The Night(mare) After

Noch am gleichen Abend hatte Felix ihr eine Mail geschrieben, wie schön er es mit ihr fand. Noch immer schob sie die Antwort vor sich her. Was sollte sie schon dazu sagen. Sie wollte ihn ohnehin nie wieder sehen, da war das auch schon egal ob sie heute oder morgen antwortete. 
Sie hatte auch Tobi von ihrem misslungenen Date erzählt. Er hatte sie ausgelacht und gemeint, sie hätte mit ihm damals wohl einen echten Glücksgriff gehabt. Wohl kaum, dachte sie, ein anderer hätte mich wahrscheinlich nicht so hintergangen. 
In der Nacht nacht darauf schlief sie sehr schlecht. Träumte vor allem schlecht. Oder vielleicht doch gut? Sie wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte.
In ihrem Traum war sie alleine in einer dunklen Kammer eingesperrt. Als sie aufstehen und den Raum verlassen wollte, bemerkte sie, dass sie mit schweren Eisenketten gefesselt war. Sie schrie und schrie, aber keiner schien in der Nähe zu sein. Außerdem hatte sie das Gefühl, gleich auf den Boden pinkeln zu müssen. Da sah sie einen Lichstrahl unter der Tür. Jemand schloss sie auf, ein Mann wie sie sah, als er den Raum betrat und hinter sich wieder zusperrte. Wie Träume es so an sich haben, passierte als nächstes etwas sehr unrealistisches, sie unterhielt sich mit ihm darüber, warum sie gestern so viele Kugeln Schokoeis gegessen hatte. Aber der nächste Teil ihres Traums wurde wieder glaubwürdiger. Der Mann, den sie nicht kannte, beugte sich zu ihr runter und küsste sie. Dann zog er sie an ihren Haaren auf die Beine, ließ seine Finger von oben bis unten über ihren Körper gleiten. Ohne Vorwarnung schlug er ihr fest ins Gesicht. Im Traum war Vanessa sehr überrascht, als er noch ein zweites und ein drittes mal zuschlug. Sie konnte den Schmerz auf ihren Wangen spüren.  Auch als er mit dem Knie zwischen ihre Beine hieb und sie vor Schmerz zuckte, fühlte es sich sehr echt an. Sie überlegte ob sie  wegrennen sollte, konnte es aber nicht, weil ihr die Schmerzen gefielen, die er ihr zufügte. Da zwickte er sie auch schon in die Nippel, so fest, dass sie laut quiekte und versuchte, seinen Händen zu entkommen. 
In diesem Moment wachte sie auf. Aber es war nicht einfach nur ein Aufwachen. Sie entfernte sich  langsam aus ihrem Traum  und spürte dabei immer mehr das starke Pochen zwischen ihren Beinen. Früher, mit 12 oder 13 hatte sie das oft gehabt. Aufwachen weil sie einen Orgasmus hatte, einfach so. Dieses mal war es aber anders. Sie hatte es schon seit mindestens 2 Jahren nicht mehr erlebt. Es war intensiver als damals. Und es stand in Verbindung mit diesem seltsamen Traum. 
Vanessa lag noch wach und dachte darüber nach. Etwas daran faszinierte sie. Die Vorstellung, von einem Mann unterdrückt zu werden, gefiel ihr sehr, wie sie erschrocken feststellte. Der ganze Traum war kein Alptraum gewesen, sondern ein guter Traum. Das ist sicher nur eine Phase, dachte sie. Genau wie die lesbische Phase, die war auch von einem Tag auf den anderen wieder weg. 
Trotzdem konnte sie so schnell nicht mehr einschlafen. 

Donnerstag, 22. März 2012

Date mit Folgen II

"Ja, ich bin Felix. Vielleicht hätt ich dir vorher von meiner Behinderung erzählen sollen. Aber ich hatte Angst, dass du mich dann nicht treffen willst. Ich wollte dass du mich als ganz normalen Menschen kennen lernst, nicht als bemitleidenswerten Kerl im Rollstuhl." Vanessa war immer noch sprachlos. Vor ihren Augen setzte sich ein neues Gesamtbild zusammen. Alles begann, besser zu passen. Dass er erst eine Freundin hatte bisher, am Wochenende nie wegging, bei seinen Eltern wohnte...
Eigentlich hatte sie ja nichts gegen Rollstuhlfahrer. Ihre Schule war die einzige in der Stadt, die auch Schüler mit einer solchen Behinderung aufnehmen konnte. Deshalb war sie selbst auch mit einem Jungen aus ihrer Klasse befreundet, der im Rollstuhl saß. Aber mehr als das konnte sie sich nicht vorstellen. Auch wenn sie es ihm gegenüber unfair fand, bei dem Gedanken, mit ihm Sex zu haben, sträubte sich in ihr alles. 
"Das hättest du doch sagen sollen...", stotterte sie, sichtlich entsetzt. "Ich weiß...tut mir leid.", sagte er, und fügte mit traurigem Blick noch hinzu:"Soll ich wieder gehen?" "Nein, nein, bleib nur...ich...muss mich nur erst daran gewöhnen. Aber das ist nicht so schlimm, ist schon okay.", log sie schnell. Ein Grinsen breitete sich auf seinem runden Gesicht aus. "Ok, dann lass uns mal die Karten holen." 
Es kam Vanessa vor wie eine Ewigkeit, als sie an der Kasse warteten. Immer wieder blickte sie heimlich zu Felix runter, der voll auf die Anzeigetafeln über ihnen konzentriert war. Wenn er so wenigstens gut aussehen würde. Schon allein die dicke Brille ließ ihn seltsam aussehen, ganz abgesehen von seinem nicht ganz flachen Bauch. Eigentlich schrecklich, aber sie traute sich immer noch nicht, ihn freundlich abzuweisen. Dazu war sie viel zu gut erzogen worden. Auch als sie schließlich Karten für einen schnulzigen Liebesfilm kauften, hatte sie das Gefühl, von allen Seiten komisch angesehen zu werden. Die Frau hinter der Kasse warf ihr tatsächlich einige kritische Blicke zu. Vanessa hoffte nur, sie würde niemanden treffen der sie kannte. 
Zum Glück mussten sie zum Kinosaal nicht das Stockwerk wechseln, so konnten sie ohne großen Aufwand davor warten. Vanessa ließ sich auf einen der Sessel im Vorraum fallen und blickte erst mal durch den Raum. Kein bekanntes Gesicht. "Ähm...könntest du mir vielleicht helfen und den Stuhl ein bisschen zur Seite schieben?", unterbrach Felix sie. Peinlich berührt wurde ihr klar, dass Felix gar nicht zwischen den Stühlen durchkam, die um sie herumstanden, wenn er in ihre Nähe wollte. "Oh sorry natürlich!" Also sprang sie auf und räumte alle Stühle aus dem Weg. Wieder starrten sie einige Leute dabei an. Als sie wieder saßen, fing Felix an von seiner Arbeit zu erzählen. Vanessa war ganz dankbar, dass sie nicht viel reden musste. Sie war so schon schüchtern genug und unter diesen Umständen wäre wahrscheinlich nicht viel aus ihr herauszubekommen.
 Irgendwann fing Felix an in der Tasche zu kramen, die auf der einen Seite seines Rollstuhls baumelte. "Wie schon gesagt, ich hab dir was mitgebracht.." Bitte nicht, dachte Vanessa sich in diesem Moment. Dann muss es für alle Leute hier ja auch aussehen wie ein Date...
Aber zu spät. Er holte ein kleines Päckchen aus seiner Tasche, in rotes Geschenkpapier gewickelt. "Du hättest mir echt nichts mitbringen müssen..." -"Doch! Mach auf, ich bin gespannt was du sagst." Auffordernd lächelte er sie an. Gezwungen lächelte sie zurück und begann ungeschickt, das Papier abzureißen. Eine gelbe Pappschachtel kam zum Vorschein. Auch die öffnete sie schnell. Dass er schlechten Geschmack hatte konnte man ihm wirklich nicht vorwerfen. Ein silbernes Armband mit klaren, lila Steinchen verziert funkelte ihr entgegen. "Wow...das ist echt toll. Danke, ich weiß gar nicht was ich sagen soll!" "Gar nichts am besten. Das schönste daran ist doch, dass du dich darüber freust." Vanessas Wangen glühten, sie musste knallrot im Gesicht sein. Das Armband war wunderschön, aber ihr war es sehr unangenehm, weil sie wusste, dass sie sich dafür nicht revangieren konnte. Zum Glück konnten sie endlich in den Kinosaal. Schön dunkel und weit und breit keiner, der sie anstarrte. 
Natürlich saßen sie in der hintersten Reihe, ganz am Rand, damit Felix keine Treppen daran hinderten an seinen Platz zu gelangen. Im Sitzen war es gleich viel angenehmer neben ihm. Sie musste nicht mehr auf ihn herunterschauen und konnte vielleicht sogar einen Moment vergessen, dass er kein ganz normaler Mann war. Außerdem konnte sie sich so wenigstens voll auf den Film konzentrieren. Der Saal verdunkelte sich, die Werbung fing an. Felix sah immer wieder zu ihr rüber, aber sie tat so, als würde sie es nicht bemerken. Blickkontakt bedeutete wohl so viel wie "Küss mich!" und das wollte sie auf jeden Fall vermeiden. Netterweise machte er auch keine Anstalten sie zu küssen und sie war ihm sehr dankbar dafür. 
Nach einer halben Stunde aber fing er langsam an, sich näher zu ihr zu beugen. Vanessa wich immer weiter ein Stück zur anderen Seite, fast panisch, er könnte sie berühren. Als er dann seine Hand in ihre Richtung streckte, wäre sie am liebsten aufgestanden und weggerannt. Stattdessen aber legte sie ihre Hand auf die Sitzlehne, er seine darauf. Am Sie hätte sich ohrfeigen können für ihre Dummheit. Jetzt machte sie ihm auch noch falsche Hoffnungen. 
Mehr passierte aber den ganzen Film (der übrigens recht langweilig war) über nicht. Vanessa rieb sich die Augen als es wieder heller wurde und Felix lächelte sie an. "Na, hats dir auch gefallen?" "Ja war ganz nett...", antwortete sie. Während er wieder irgendwas erzählte, gingen sie nach draußen. Sie konnte ihm gar nicht richtig zuhören, so war sie darauf konzentriert, sich hinter ihren Haaren zu verstecken und möglichst unauffällig zu wirken. Der einzige Vorteil an Rollstühlen war, dass man während dem Fahren nicht Händchenhalten konnte, stellte sie fest. Als sie vor dem Kino standen, unterhielten sie sich noch einige Minuten. Dann fragte er:"Soll ich dich eigentlich nach Hause fahren?" Vanessa verstand nicht ganz. "Du mich heimfahren? Wie...kann...kannst du denn überhaupt..." Er unterbrach sie mit einem lauten Lachen. "Ja ich kann autofahren. Ich hab nur schwache Muskeln von der Hüfte abwärts. Zu schwach zum Laufen, aber stark genug zum autofahren.", erklärte er ihr. Trotzdem wollte Vanessa das lieber nicht. Sie wollte keine Minute zu viel mit ihm verbringen. Eigentlich war er ja ganz nett, mehr aber auch nicht und sie wollte ihm nicht noch mehr Hoffnungen machen. "Achso. Aber nein, brauchst du nicht, mein Vater holt mich hier wieder ab." "In Ordnung. Ist wahrscheinlich besser wenn er mich nicht sieht, oder?", fragte er nach. "Ja besser nicht..." "Ok. Dann wollen wir ihn auch nicht so lange warten lassen. War schön mit dir." Erwartungsvoll schaute er sie von unten an. Mit größtem Widerstreben konnte sie sich aufraffen, sich zu ihm runterzubeugen, um ihn zu umarmen. "Tschüss!", sagte sie. "Tschüss!" Und bevor sie ihm ausweichen konnte, drückte er ihr einen Kuss auf die Wange. Schon wieder rot anlaufend drehte sie sich schnell um, winkte ihm nochmal, und bemühte sich einigermaßen langsam um die nächste Ecke zu biegen. Dort blieb sie erst mal stehen und atmete durch. Ein Rollstuhlfahrer. Nein, nicht mit mir, dachte sie sich. Wenn er nur mein Kumpel wär, wär das ja kein Problem. Aber sowas geht echt nicht. Scheiße, wie konnte ich mich nur mit ihm treffen. 
Als ihr einfiel, dass er ja in die gleiche Richtung kommen könnte, floh sie schnell in Richtung Ubahn. 

Donnerstag, 1. März 2012

Date mit Folgen I

Vanessa war genauso nervös wie vor ihrem ersten Treffen mit Tobi. Wenn nicht sogar nervöser. Wieder wollte sie sich zuerst im Kino treffen, viele Menschen, lockere Atmosphäre. Gründlich geduscht und aufwendig geschminkt verließ sie eine halbe Stunde vorher das Haus um bloß nicht zu spät zu kommen. 
"Ich freu mich so auf dich Süße. Ich hoffe das ist dir nicht unangenehm oder so, aber ich hab ein kleines Geschenk für dich!", meinte Felix noch am Abend zuvor. Für Vanessa klang das entweder nach einem Vergewaltiger oder einem Schleimer. Sie sagte es zwar nicht, ihr war es aber doch unangenehm gleich beim ersten Treffen ein Geschenk zu bekommen, zum einen weil es einfach schnulzig war, zum anderen auch, weil sie ja nichts für ihn besorgt hatte. Aber er meinte, das wäre kein Problem. Auch sonst hatte er viel Schnulziges geschrieben. Hatte gemeint, er hatte erst eine einzige Freundin in seinem Leben. Vanessa fand das etwas seltsam, dachte sich aber nichts weiter dabei. Vielleicht war er ja auch einfach schüchtern, wie sie. 
Wieder raste ihr Herz wie verrückt, als sie aufs Kino zulief. Wie damals Tobi wollte er an der Säule warten. Aber diesmal sah Vanessa noch niemanden dort stehen. Selbst wenn Felix dort stehen würde, sie hätte ihn wohl nicht erkannt. Er wollte ihr kein Foto schicken. Auch das kam Vanessa verdächtig vor. Er erzählte zwar, dass er dunkle Haare hatte, breite Schultern und muskulöse Arme, meinte aber:"Ich verschick keine Bilder mehr übers Internet. Hab schlechte Erfahrungen damit gemacht." Also stellte sie sich an die Säule und wartete. 
Sie war natürlich ein paar Minuten zu früh dran, wie immer, war aber trotzdem verwundert, dass er noch nicht da war. Er hatte sich so auf das Treffen gefreut, sie hatte geglaubt, er würde sich schon 2 Stunden vorher ins Kino stellen, damit sie keine Sekunde auf ihn warten muss. Aber er ließ sich Zeit. Immer wieder drehte sie sich einmal im Kreis um die gesamte Einangshalle im Blick zu haben. Eine Gruppe kleiner Mädchen mit einer schlecht gelaunten alten Dame. Mehrere Paare an der Kasse. Drei gackernde, schlecht angezogene Frauen, die gerade eine Tasche ausräumten. Ein junger Rollstuhlfahrer, der Probleme mit der Tür hatte. Zwei Jungs in ihrem Alter, die offenbar auch auf jemanden warteten. Also keiner, der Felix sein könnte. Sie blickte wieder zur Tür. Da half gerade jemand dem Rollstuhlfahrer nach drinnen. Und dieser Helfer hatte dunkle Haare und ziemlich breite Schultern. Leider aber waren die Haare ziemlich lang und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Vanessa hasste lange Haare bei Männern. Noch dazu trug er eine ziemlich seltsam aussehende Brille und war ein ganzes Stück kleiner als sie. "Bitte sei nicht Felix, bitte sei nicht Felix!", dachte sie immer wieder, als er näher kam. Er lief auf die Säule zu. Kam näher und näher. Vanessa überlegte schon, ob sie sich schnell wegdrehen sollte, bevor er sie erkennen konnte. Aber das wäre zu auffällig. Also blieb sie einfach stehen...und er lief an ihr vorbei zu den 3 Frauen, die ihn fröhlich begrüßten. Puh. Glück gehabt. "Larissa?" Sie erschrak fast, als sie hinter sich die Stimme hörte. Noch ein wenig erleichtert drehte sie sich um. Die Erleichterung verflog schlagartig. "Felix?!?"
Das Entsetzen war ihr wohl deutlich zu hören. Und alles andere als unbegründet. Vor ihr stand - nein, besser gesagt saß- der Mann im Rollstuhl, der eben nicht durch die Tür gekommen war.