Donnerstag, 10. November 2011

Winterlandschaften und kleine Skiunfälle III

"Hast du uns vielleicht irgendwas zu sagen?", fragte ihre Mutter, als sie nach stundenlangem Schweigen zusammen beim Abendessen saßen. Vanessas Kopf war fast am Platzen. Die letzten zwei Stunden hatte sie schon überlegt, was sie am besten sagen sollte. Ob sie sich mit einer weiteren Lüge rausreden könnte. "Hm...", grummelte sie, "...vielleicht..." "Wie heißt er?", fragte ihre Mutter. Hatte sie jemals einen Jungen erwähnt? Nein, oder doch? "Woher weißt du..." -"Wir sind nicht ganz blöd, Vanessa. Wir kennen dich schon seit 15 Jahren. Und wir waren auch mal jung. Also?" Auf einmal fühlte sie sich richtig durchschaubar und klein. War ja klar gewesen dass das irgendwann auffliegt. "Tobi." "Aha, hatte ich also recht, ein Junge. Und warum sagst du uns nichts davon? Warum lügst du uns an?" Weil er 22 ist, ihr Idioten. Weil er nicht einfach ein Junge ist, weil wir Sex haben, dachte sie. "Ich hatte Angst dass ihr mich dann vielleicht nicht gehen lasst..." "Ach ja! Ich hätte dich natürlich gelassen! Aber so muss ich mir das erst überlegen ob ich das weiterhin zulassen will...ich kann dir jetzt gar nicht mehr vertrauen und so ein Verhalten muss Konsequenzen haben!", schrie ihre Mutter schon wieder fast. "Tut mir ja Leid dass ich unsicher war!", schrie sie zurück. "Du hast gar keinen Grund zu schreien, weißt du, wie du uns enttäuscht hast?" Darauf antwortete Vanessa nichts mehr. Sauer stand sie auf und wollte aus dem Zimmer gehen. "Bleib da!", rief ihr Vater,"red wenigstens mit uns!" Widerwillig ließ sie sich auf ihre Stuhl zurückfallen. Sie wollte nicht mehr reden. Sie war nur wütend auf sich selbst, wütend, so nachlässig mit ihren Ausreden gewesen zu sein, dass es jetzt schon aufflog. "Warum durfte ich dich nicht hinfahren oder abholen?", fragte ihr Vater. Panik machte sich in ihr breit. Überlegen, schnell! "Er...hat mich abgeholt und wieder heimgefahren." "Was?", jetzt war ihre Mutter richtig hysterisch,"Du bist mit einem Fremden einfach im Auto mitgefahren?!? Wie alt ist er denn bitte???" "Äh...18." "Wie kannst du einfach mit jemandem mitfahren, den du nicht kennst? Es hätte sonstwas passieren können!" Ja, das war ihr durchaus bewusst. "Hm und woher kennst du ihn?", mischte sich ihr Vater wieder ein. "Aus...von...äh...warum?" "Sag schon!" "Aus...vom Tanzkurs!" "Achso...ob ich das glauben soll...", motzte ihre Mutter schon wieder. "Ja. Gespräch beendet." Mit diesen Worten verließ Vanessa das Zimmer. 
Sie schmiss sich aufs Bett und hätte am liebsten geheult. Alles aufgeflogen. Ihre Eltern wussten jetzt also von Tobi. Und würden sie vielleicht nie wieder mit ihm weglassen. Da brauchte sie erst mal Trost. Sie schrieb Tobi eine SMS, er solle sofort zum chatten kommen. Lag im Bett und wartete. Wartete. Wartete. 
Als sie 2 Stunden später von ihrer Mutter wieder geweckt wurde, weil sie ja auf ihrem Bett lag und sie schlafen gehen wollte, hatte sie keine einzige Nachricht bekommen. Enttäuscht schaltete sie iPod und Handy aus und ging schlafen. 

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