Dienstag, 21. Juni 2011

Adrenalin

Wie immer fuhren sie zuerst durch 2 kleine Dörfer, an den Feldern vorbei und Tobi nahm die Ausfahrt zur Autobahn. Während sie noch in der Kurve waren, fragte Tobi:"Du hast mal gesagt, dir machts nichts aus, wenn ich zu schnell fahr. Willst du mal was abgefahrenes machen?" "Naja, kommt drauf an wie abgefahren es wird...was denn?" "Siehst du dann schon...ja oder nein?" Vanessa wollte wissen, was er vorhatte. Allerdings hatte sie auch ein bisschen Angst, er könnte etwas leichtsinniges machen und sie beide in Gefahr bringen, was ja auch sehr wahrscheinlich war, wenn es mit Geschwindigkeit zu tun hatte. Ihr blieb nicht viel Zeit zum Überlegen, Tobi drängte sie. "Komm, schnell, sonst ist es zu spät...ja oder nein?" "Hm, ok..." Schon während sie es aussprach, bereute sie, zugestimmt zu haben.

Sie waren nun unten an der Autobahn angelangt, Tobi sah in den Rückspiegel, bog auf die linke Spur. Nur ein einsamer LKW, sonst weit und breit kein Auto. Tobi wurde langsamer. Und langsamer. 50 km/h. 40. "Was machst du?!?", fragte Vanessa nervös. Er lachte nur. Und blieb stehen. Er blieb stehen! Auf der Überholspur, in der Nacht, mitten auf der Autobahn! "Spinnst du, willst du mich umbringen?!?", rief Vanessa panisch. Tobi lachte nur. "Ich seh doch im Spiegel, wenn da hinten ein Auto kommt. Und das Auto sieht mich auch." Trotzdem hatte Vanessa Panik. Sicher war das auf keinen Fall. Am liebsten wäre sie ausgestiegen. Aber auf der Autobahn ging das auch schlecht. Auf der Spur daneben rauschte ein Auto vorbei. "Bereit?", grinste Tobi. "Was..." Vanessa brachte den Satz nicht zu Ende. In der Sekunde trat Tobi aufs Gaspedal. Er trat nicht drauf, er trat es durch. Mit einem kurzen Reifenquietschen beschleunigte er innerhalb von wenigen Sekunden auf Tempo 100. Und weiter. Vanessa war ein bisschen schlecht. Gleichzeitig musste sie aber auch lächeln. Irgendwie fand sie es ja schon toll. Auch Tobi grinste. Und beschleunigte weiter. 200. 230. 250. Noch nie war sie so schnell gefahren. Die anderen Autos kamen ihr so langsam vor, als sie an ihnen vorbeischossen. 260. 270. Die Geräuschkulisse bei diesem Tempo ist kaum noch erträglich. Zuerst hatte Vanessa Todesangst. Aber irgendwann verflog sie gänzlich und machte einem unbeschreiblichem Gefühl Platz. Einem Gefühl von Freiheit. Sie hätte am liebsten noch das Fenster aufgemacht und laut hinausgeschrien. Tobi grinste. "Du schimpfst mich ja gar nicht." Vanessa amtwortete nicht. Sie wollte das Gefühl genießen. 
Das Langsamerwerden war ein komisches Gefühl. Gleichzeitg kamen alle normalen Gedanken wieder zurück in ihren Kopf, das Freiheitsgefühl verflog nach und nach. Schon 150 km/h fühlten sich an wie 30. "Merkst du, wie langsam sich das anfühlt?", fragte Tobi. Sie nickte. "Das ist fast das gefährlichste an der ganzen Sache. Wenn du da den Tacho nicht im Auge behälst, kann das echt ein Problem werden..." So vernünftige Worte von dem Mann, der eben noch auf der Überholspur stehen geblieben ist. 

Sie kam sicher zuhause an. Selbst als Tobi schon lange wieder weg war, lief sie noch durch die Gegend. Sie hatte immer noch zu viel Adrenalin in ihrem Adern, um jetzt einfach nach Hause zu gehen. Auch als sie schon im Bett lag, konnte sie nicht einschlafen. Weil es sie beschäftigte, dass er immer noch so sanft zu ihr gewesen war. 

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