Dienstag, 31. Mai 2011

Die erste Begegnung - Teil 3

Tobi schlug nicht den Weg zum Parkplatz an, sondern wollte Richtung Innenstadt gehen. Vanessa blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Falls es noch nicht irgendwo erwähnt wurde, die Rede ist hier von Nürnberg. Nebeneinander schlenderten sie die Pegnitz entlang. Tobi fragte, wie sie den Film fand. Das war genau die Frage, von der sie eben noch gehofft hatte, er würde sie nie stellen. "Naja...also...ich hab nicht alles so ganz verstanden.", antwortete sie. Zum Glück stimmte Tobi ihr zu und meinte, er fand den Film auch ziemlich kompliziert. Sie liefen über die kleine Insel Schütt in Richtung Hauptmarkt. Wieder redeten sie über dies und das. Nach 5 Minuten nahm er ihre Hand und lächelte sie an. "Ich finde eigentlich nicht, dass du so schüchtern bist.", sagte er im Weitergehen. Aber Vanessa fand sich furchtbar schüchtern. Und noch dazu fand sie sich total komisch. Viel ernster als sonst, ziemlich bieder..."Und ich merk auch nicht, dass du eigentlich so jung bist. Wenn dus mir nicht gesagt hättest, ich hätte dich glatt auf 18 geschätzt." Vanessa glaubte, ein bisschen rot zu werden. Aber er bemerkte es nicht und sie unterhielten sich weiter. Die Stadt war wie leergefegt. Ihnen begengneten nur drei oder vier Menschen. Stille herrschte fast überall. Als sie den Burgberg hochliefen, machte er eine Bemerkung, die Vanessa eigentlich Angst machen sollte:"Das wär jetzt gerade perfekt um kleine, unschuldige Mädchen zu vergewaltigen...dass du da keine Angst hast..." Aber sie hatte keine Angst. Im Gegenteil. In gewisser Weise wünschte sie sich sogar, er würde es jetzt machen. Nicht nur ihre Hand halten, nicht nur ihren Arm streicheln. Natürlich machte er nichts, außer weiter den Burgberg hochzulaufen. Kein Mensch war dort oben. Noch nie hatte Vanessa dort gestanden, ohne von Menschenmassen umgeben zu sein. Wer schonmal bei Nacht auf der Burg stand und über die Stadt geblickt hat, weiß, was für ein Gefühl das ist, welche Stimmung dann herrscht. Ein wirklich schöner und idyllischer Anblick, trotz dem ein oder anderen modernen und hell erleuchteten Gebäude. So standen sie an der Mauer und überblickten die Stadt, während sie sich weiter unterhielten. Als Tobi aufhörte zu erzählen, blickte Vanessa zu ihm rüber. Er lächelte, drehte dann den Kopf und sah sie an. Auch sie lächelte und erwartete, er würde sie nun endlich küssen. Eine bessere Atmosphäre für einen Kuss hätte sie sich nicht vorstellen können. "Komm", sagte er. Und sie drehten wieder um. Ohne Kuss. Er legte den Arm um sie, aber es war kein Trost für Vanessa. Sie verstand einfach nicht, was das sollte. Es dauerte fast 20 Minuten, bis sie wieder beim Auto waren. Auf halbem Weg, als sie sich gerade über ihre Eltern unterhielten, tat er noch einmal etwas, was völlig gegenteilig zu seinem bisherigen Verhalten war. Der Zusammenhang: Vanessas Eltern hatten eine Art Kontrollzwang, ließen sie ohne ausführliche Erklärungen nirgends hin, ließen sie nichts selbst bestimmen. Tobi meinte, es sei wohl ihre Angst, loszulassen. Seine Worte "Sie denken sich wohl sowas wie: Wir lassen dich nicht, sonst könntest du dich von uns absondern. Hach, du gehörst nur uns" verdeutlichte er, indem er sie mitten im Gehen festhielt und fest an sich drückte. Mehr auf scherzhafte Weise natürlich, sie lachten beide danach. Trotzdem war sie verwirrt. Auch als sie später zu ihm ins Auto stieg, war sie verwirrt. Denn plötzlich hoffte sie, er würde sie wirklich entführen und vergewaltigen. Er ließ sich von ihr den Weg sagen. An jeder Kreuzung hoffte sie, er würde in eine andere Richtung abbiegen. Aber er tat es nicht. Tobi fuhr vernünftig in angemessenem Tempo genau den Weg, den sie ihm vorgab. Er fuhr nicht in ihre Straße. Er hielt an der Abzweigung davor, wahrscheinlich, damit ihn die Nachbarn nicht sahen. Vanessa drehte sich um, um ihre Tasche vom Rücksitz zu fischen. Als sie sich wieder umdrehte, hatte Tobi einen ganz anderen Gesichtsausdruck. Vanessa konnte es nicht eindeutig zuordnen, aber er sah ziemlich glücklich aus. "Tschüss", sagte er ganz leise. "Tschüss", sagte Vanessa noch leiser. Und endlich. Er beugte sich zu ihr rüber. Bevor sie realisierte was er vorhatte, spürte sie schon seine Lippen auf ihren. Feucht und warm. Ein wenig als würde man ein nasses Gummibärchen essen. Einmal, zwei Sekunden. Dann wich er ein Stück zurück. Aber als sie ihren Kopf auch wieder zurücknehmen wollte, küsste er sie noch einmal. Auch nur für zwei, drei Sekunden, bis er sich endgültig wieder normal auf seinen Sitz setzte. Er lächelte während sie ausstieg. Winkte noch einmal, als er wegfuhr, Vanessa winkte zurück. Und sie realisierte jetzt erst, dass er sie gerade geküsst hat. Ein Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. Auch noch, als ihre Eltern sie anbrüllten, wo sie denn so lange gewesen sei. Erst in der Nacht kam das Gefühl wieder durch, das sie während dem Treffen schon hatte. Das fast unerträgliche Gefühl, immer noch nicht das bekommen zu haben, was sie wollte: Sex. 

5 Kommentare:

  1. Ich würd mich über ein paar Absätze freuen :) Macht das Lesen leichter.

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  2. Ich bin verwirrt, kann es sein das Posts von dir verschwinden oder löscht du die wieder?

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  3. nein, eigentlich nicht...was genau verwirrt dich da denn? ;)

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  4. Gestern war der letzte post plötzlich die Begegnung Nummer 3. Sehr seltsam, jetzt sind die anderen Posts wieder da.

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